Kon­struk­ti­ver Umgang mit Kri­tik und fer­ti­gen Urteilen

Erst neu­lich habe ich es wie­der in vol­len Zügen erlebt. Es ging um ein inter­es­san­tes, viel­leicht zukunfts­wei­sen­des Pro­jekt, dem der Weg geeb­net wer­den soll­te.
Was pas­sier­te? Obwohl ganz klar aus­ge­spro­chen war, dass es um freie und krea­ti­ve Ideen­bil­dung ging und nicht um deren umge­hen­de nega­ti­ve Bewer­tung und skep­ti­sches Bezwei­feln, geschah genau das.
Gebil­de­te Betei­lig­te, an deren Ver­ständ­nis des Grund­an­lie­gens (Ideen­werk­statt, Brain­stor­ming zur Beför­de­rung der Pro­jekt­idee) es nicht gele­gen haben kann, taten genau dies: kaum war eine halb­wegs neue Idee geäu­ßert wor­den, schien eine Art phy­si­ka­li­sches Gesetz in Kraft zu tre­ten, in des­sen unaus­weich­li­cher Fol­ge sich Vor­stel­lun­gen breit mach­ten, war­um das soeben Gehör­te mit Sicher­heit nichts wer­den kön­ne, nicht funk­tio­nie­ren und auf unüber­wind­ba­re Hin­der­nis­se sto­ßen wer­de.
Na denn…

Wenn sich die­se Art von blei­er­ner Schwe­re jedem anhe­ben­den Ideen­flug sofort an die Schwin­gen hef­ten wür­de, könn­ten wir bald jeden Schritt nach vor­ne und jede Zukunfts­idee als nicht umsetz­bar, uner­reich­bar und zum Schei­tern ver­ur­teilt abhaken.

Was also tun?
Dre­hen wir die Sache pro­be­hal­ber her­um. Die vor­he­ri­ge Auf­ga­be wird in ihr Gegen­teil ver­kehrt: zunächst geht es nun dar­um, alle erdenk­li­chen Argu­men­te auf­zu­bie­ten, war­um ein Anlie­gen, ein Pro­jekt, eine Idee sich nicht rea­li­sie­ren las­sen. Kon­se­quent und streng wird aus­schließ­lich befragt und gehört, war­um etwas nicht geht und nicht gehen kann. Alles ande­re gilt nichts, kei­ne „Ja aber’s“, kei­ne „Es könn­te aber doch viel­leicht…“
Ein sol­ches Vor­ge­hen greift eine Grund­hal­tung auf, die für vie­le von uns heu­te den Boden der Urteils­bil­dung über Gott und die Welt abgibt. Und erst, wenn die auf die­ser Hal­tung beru­hen­de Betrach­tungs­wei­se kom­plett aus­ge­kos­tet ist, wird die Fra­ge erlaubt und rele­vant: Gibt es jeman­den unter den Anwe­sen­den, der mit der­sel­ben Uner­bitt­lich­keit trotz aller erdrü­cken­den Gegen­ar­gu­men­te der Fra­ge nach­ge­hen will:
Wie kann die­ses Anlie­gen, die­ses Pro­jekt, die­se Idee in Rich­tung einer erfolg­rei­chen und posi­ti­ven Kon­kre­ti­sie­rung und Rea­li­sie­rung geför­dert und wei­ter­ge­bracht wer­den? Alle erdenk­li­chen Ein­fäl­le, Über­le­gun­gen, Phan­ta­sien mit die­ser Ziel­rich­tung sind gefragt.
Nur wer von sich aus auch an die­ser Run­de teil­neh­men will und sich zutraut, der Auf­ga­ben­stel­lung nach­zu­kom­men, nimmt teil. Jedes ab jetzt auf­tau­chen­de Gegen­ar­gu­ment, jedes „Ja aber“, führt in die­ser Run­de zum unmit­tel­ba­ren Platz­ver­weis und Aus­schei­den des Beden­ken­trä­gers aus dem Spiel, aus der Run­de der Ideen­bild­ner.
In die­ser Abfol­ge ist mög­lich, was anders her­um zu Unver­ständ­nis und unwil­li­gen Reak­tio­nen füh­ren muss­te.
Und viel­leicht wird das Pro­jekt ja tat­säch­lich etwas, nach­dem es das Tauch­bad der ver­meint­lich unüber­wind­ba­ren Hin­der­nis­se und Wider­stän­de durch­ge­stan­den hat. Wol­len sehen…

Not­hart Rohlfs